Wenn gratis eben nicht gratis ist

Zürich braucht ein echtes Fussballstadion, und Zürich braucht mehr bezahlbare Wohnungen. Gut am Projekt «Ensemble» sind die Genossenschaftssiedlung und das Fussballstadion. Nicht zu überzeugen vermögen hingegen die beiden 137-Meter-Hochhäuser. Deshalb lehnt die SP das Projekt ab.

Als 2013 im Abstimmungskampf zur letzten Stadion-Vorlage plötzlich potentielle Investoren auftauchten mit der Behauptung, der Stadt Zürich gratis ein Fussball-Stadion hinzustellen, wusste die SP, dass dies bestenfalls ein Marketing-Gag ist, in der Realität aber sicher auch einen indirekten finanziellen Beitrag der Stadt voraussetzt.  Daher war klar, dass man bei einem allfälligen Investorenwettbewerb einige Kröten zu schlucken hat. Wir gingen aber davon aus, dass sowohl der Stadtrat beim Ausschreiben des Wettbewerbs, als auch potentielle Investoren beim Ausarbeiten eines Projekts die Rahmenbedingungen in Zürich angemessen berücksichtigen würden.

 

Auf den ersten Blick schienen unsere Erwartungen auch erfüllt zu werden. Städtebaulich liess das Projekt die SP zwar nie in Begeisterungsstürme ausbrechen, doch die zwei knapp 140 Meter-Türme schienen eine dieser Kröten zu sein, die man bereit war zu schlucken. Zumindest hatte man auch anfangs gesagt, dass in den Türmen Wohnungen der mittleren Preisklasse gebaut werden.

Überrissene Rendite der CS-Anlagefonds

Die Skepsis blieb, genauso wie der Wunsch nach einem Fussballstadion. Während der Beratung in der Kommission wurde dann aber klar, wieso die Projektverantwortlichen mit den konkreten Zahlen zunächst so zurückhaltendend waren. Plötzlich waren die Wohnungen doch sehr teuer. Die CS-Anlagefonds verlangen durchschnittlich rund Fr. 3’650.– Miete pro 100 m2 Wohnfläche. Denn diese Wohnungen müssen schliesslich nicht nur das Stadion finanzieren, sondern den beiden Anlagefonds noch eine (Brutto-)Rendite von 4.5% abwerfen – notabene nicht nur auf den Kosten der Wohnungen, sondern auch auf jenen des Stadions.

 

Diese Rendite für eine Wohnung ist nicht nur für die SP zu viel des Bösen. Selbst das Bundesgericht findet nur Renditen bis 3.5% vertretbar. Die SP kann unmöglich damit einverstanden sein, dass auf städtischem Land im Baurecht  eine unzulässige Rendite erzielt wird. Wohnungen im Hochpreissegment gibt es gerade in Zürich-West schon genug. Einen Mangel gibt es hingegen an Wohnungen, welche bezahlbar sind.

Am Ende bezahlen die Steuerzahlenden

Das vorliegende Stadion ist nicht gratis, sondern es wird bloss indirekt statt direkt von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanziert. Der Rabatt für die CS-Anlagefonds auf dem Baurechtszins ist grösser als die Kosten des Stadions. Dazu kommt noch: Beim Heimfall muss die Stadt Zürich den CS-Anlagefonds voraussichtlich rund eine Milliarde mehr bezahlen, als sie einer Genossenschaft bezahlen würde, wenn diese ein gleich teures Projekt erstellen würde. Anstatt das Stadion zig-fach indirekt zu bezahlen, sollte die Stadt es einmalig direkt finanzieren.

 

Das Fussballstadion und die Genossenschaftssiedlung müssen daher vom Hochhaus-Projekt entkoppelt werden. Davon profitieren alle: Die Fussballclubs kommen rascher und sicherer zu einem echten Fussballstadion, die Bevölkerung profitiert von mehr bezahlbaren Wohnungen und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen weniger Geld in die Hand nehmen. Was auf Baufeld C in Zukunft passieren wird, kann schliesslich in Ruhe und vor allem quartierverträglich geplant werden.

«Ensemble»-Befürworter*innen verschliessen die Augen vor den Problemen

Die SP ist erstaunt, dass diejenigen, die das letzte Projekt für die Stadt zu teuer fanden, jetzt bereit sind, vor den tatsächlichen, hohen indirekten Kosten für Zürich die Augen zu verschliessen und das Projekt ohne Änderungen durchzuwinken.

 

Schlussendlich soll die Bevölkerung das letzte Wort haben. Die SP wird deshalb heute die nötigen Ja-Stimmen liefern, um eine Volksabstimmung zu ermöglichen. Die SP kann das vorliegende Projekt der Bevölkerung aber nicht zur Annahme empfehlen – zu gravierend sind die Mängel. Ein Nein im November heisst aber nicht Nein zu einem Stadion. Für die SP ist klar: Die Fussballclubs verdienen ein neues Stadion, und die Bevölkerung verdient mehr bezahlbare Wohnungen.