Nicht die Spitäler sind krank, sondern der Gesundheitsmarkt

Am 21. Mai 2017 stimmte das kantonale Stimmvolk NEIN zur Umwandlung des Kantonsspitals Winterthur und der Integrierten Psychiatrie Winterthur in eine AG (es ging dabei vorerst nur um eine Änderung der Rechtsform). Die Ablehnung war und ist ein klares Statement: ein Spital ist nicht zum Rentieren da, sondern für die Bevölkerung.

Kurz davor wurde erstmals die Interpellation von September 2016 zur damaligen Finanzsituation des Stadtspitals Triemli im Gemeinderat traktandiert. Schliesslich wurde sie in der Sitzung vom 28. März 2018 behandelt.*
Es folgen Auszüge aus meinem Statement dazu: Ganz grundsätzlich müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass ein wesentlicher Teil der Problematik bei den Stadtspitälern von aussen gesteuert ist, nicht von der Stadt, nicht vom Gesundheits- und Umweltdepartement (GUD). Es sind nicht die Spitäler, die krank sind, sondern der Gesundheitsmarkt.

Ich gehe hier nur auf die Frage 1 zum Thema der Anlagenutzungskosten ein: Man muss es wiederholen und wiederholen: Die Anlagenutzungskosten sind hoch, weil a) die Stadt dem Triemli zu hohe Zinsen in Rechnung stellt und weil b) die Anlagen unter anderen Prämissen konzipiert worden sind. So wurden während des Spiels die Regeln geändert und die früheren À-fonds-perdu-Investitionsbeiträge von Kanton und der Spitalregion in zins- und amortisationspflichtige Darlehen umgewandelt. Deshalb findet jetzt eine Verdichtung statt, das heisst, auf weniger Fläche wird nun mehr Leistung erbracht.

Der von der FDP kritisierte Zustand ist eine Folge dieses «sogenannten» Gesundheitsmarktes. Wobei – von einem Markt kann aber keine Rede sein. Ein Markt würde Steuerung von Angebot und Nachfrage aufgrund des Preises bedeuten. Der Preise sind in diesem Fall die Fallpauschalen sowie die zu tiefe Abgeltung der Investitionen in diesen Fallpauschalen, aber auch die von Regierungsrat Thomas Heiniger viel zu tief festgesetzte Base Rate.

Zudem schafft dieser Markt lauter falsche Anreize, weil er voller Verzerrungen ist: Ambulante Leistungen werden gänzlich von der Krankenkasse und den Patient_innen übernommen. Was ich sagen will: Der Kanton zahlt nichts. Bei stationären Aufenthalten hingegen zahlt der Kanton mehr als die Hälfte. Entsprechend werden ambulante Behandlungen vom Kanton forciert, unabhängig davon, was für den Patienten besser oder gesamthaft günstiger ist.

In den Fallpauschalen wird auch auf den Allgemeinzustand und die Lebensumstände der Patienten zu wenig Rücksicht genommen, ein 80-Jähriger erholt sich weniger schnell von einer Operation als eine 40-Jährige – dies wird in der Fallpauschale nicht angemessen berücksichtigt. Eine gute Risikoselektion lohnt sich also für ein Spital, aber bestimmt nicht für genau diejenigen Patient_innen, die eine gute Behandlung ab nötigsten brauchen.

Die beiden Stadtspitäler erbringen mehr Leistungen als die Grundversorgung umfasst: hochdefizitäre Fälle, Behandlung hochaltriger Mitmenschen, hochkomplexe Fälle, Ausbildung etc.

Das rechnet sich innerhalb der kantonalen Rahmenbedingungen, die nur für die effizientesten Spitäler, also für Privatspitäler mit viel Zusatzversicherten aufgestellt sind, betriebswirtschaftlich nicht! Gemäss einer schriftlichen Anfrage der SVP generieren allein die 308 hochdefizitären Fälle im Triemli einen Verlust 15.9 Mio im Jahr, also im Schnitt etwas 50‘000 Franken pro Fall. Und dabei handelt es sich nur um das eine Jahr 2016!

Deshalb zurück zum Anfang und dem Volksentscheid zur Umwandlung in Winterthur. Das Abstimmungsresultat zeigt: was unsere Spitäler anbelangt, so sind demokratische Kontrolle und Verantwortung gewollt. In andern Worten: eine direkte politische Steuerung – immerhin handelt es sich um einen zentralen Service Public und städtisches Eigentum – ist unabdingbar.

Die Stadtbevölkerung hat in ihre, unsere Spitäler investiert. Diese Spitäler sind drum für die Bevölkerung da.

 

* Es ist normal, dass es 1.5 Jahre dauert von der Einreichung bis zur Diskussion im Rat. Auf nationaler Ebene werden Interpellationen gar nicht mehr erst im Rat diskutiert.