Interview mit Martin Naef

Welche politischen Ziele sind dir für die nächsten vier Jahre wichtig?

«Ich möchte mich weiterhin mit Herzblut und Verstand für eine menschenfreundliche Politik in der Schweiz und in der Welt einsetzen. Als Aussenpolitiker engagiere ich mich für ein verlässliches und stabiles Verhältnis der Schweiz zu Europa. Am Herzen liegen mir aber auch die Entwicklungszusammenarbeit und die Menschenrechte. Seit Jahrzehnten kämpfe ich für die Gleichstellung von homo-, bi- und trans-Menschen; in der Rechtskommission für die „Ehe für alle“ und den Diskriminierungsschutz.

 

 

Sind Beitrittsverhandlungen mit der EU für Dich eine Alternative zum möglichen Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU?

Es gibt bei einem Scheitern zumindest mittelfristig keine andere Alternative. Eine totale Isolation der Schweiz ist jedenfalls keine.

Für die Reform der Sozialwerke gibt es verschiedene Optionen.

Es gibt eigentlich nur drei Varianten: Tiefere Renten, höheres Rentenalter oder höhere Beiträge. Letzteres steht für die SP klar im Vordergrund. Dabei ist die konkrete Ausgestaltung nach Alter die Frage. Beim Rentenalter müssen wir ohne eine generelle Erhöhung über eine Flexibilisierung sprechen.

 

 

Befürwortest du die Anschaffung eines neuen Kampfflugzeugs?

Ich befürworte neue Kampfflugzeuge nur unter dem Gesichtspunkt der Luftpolizei. Die Verteidigung Europas ist nicht unsere Kernaufgabe. Wir sollten dort unseren Beitrag leisten, wo wir gut sind. Bspw. bei friedenssichernden Massnahmen durch Logistik, Vermittlung wie im Kosovo. Und mit einer aktiven Aussen- und Friedenspolitik.

 

 

Noch immer verdienen Frauen weniger für die gleiche Arbeit und sind in unternehmerischen und politischen Führungspositionen massiv untervertreten.

Das sind gesellschaftliche Prozesse, die sich nur bedingt politisch steuern lassen. Beispiele sind aber die Versuche, durch Rechenschaftspflichten die Vertretung von Frauen in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen zu erhöhen. Bei den Löhnen sind Bedingungen im öffentlichen Dienst und im Rahmen von GAV möglich. Und wichtig für die Förderung gesellschaftlicher Prozesse sind auch zeitgemässe Familienmodelle bspw. durch die Einführung einer gemeinsamen Elternzeit. Immerhin an den Hochschulen sind gewisse Verschiebungen in den klassischen geschlechterbedingten Berufsbildern feststellbar.

 

 

Die Prämien-Entlastungsinitiative der SP ist das eine, kostendämpfende Massnahmen das andere.

Das sind vor allem Leistungskonzentrationen in den Spitälern oder die Förderung von Hausarztmodellen. Allerdings bin ich der Meinung, dass die Bezahlbarkeit der Prämien und der Zugang zur medizinischen Versorgung für alle absolute Priorität geniessen müssen.

Warum und wie soll der Bund den genossenschaftlichen Wohnungsbau verstärkt fördern?

Die Möglichkeiten des Bundes sind in diesem Bereich ehrlicherweise beschränkt. Entsprechende Fonds werden teilweise nicht beansprucht. Wichtig scheint mir, dass bei Regulierungen etwa im Miet- und Wettbewerbsrecht kein Abbau getrieben wird. Und Wohnbaupolitik hat immer auch etwas mit Raumplanung zu tun. Da hat der Bund eine Kompetenz.

 

 

Welche Massnahmen soll der Bund ergreifen, um die Integration der ausländischen Bevölkerung zu erleichtern?

Er soll die Kantone weiter finanziell unterstützen und die Voraussetzungen für die Zulassung zum Arbeitsmarkt erleichtern. Wichtig scheint mir auch eine Erleichterung der demokratischen Partizipation.

Warum befürwortet Du das asoziale «Roadpricing»?

Roadpricing ist nicht gut oder schlecht. Das ist eine Frage des Ziels, der Höhe, des Rückflusses und der weiteren Ausgestaltung. Selbstverständlich befürworte ich alle Bemühungen um den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.

 

 

Aus welchen Gründen bist Du optimistisch vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitsplätze und der dabei artikulierten Ängste bei Angestellten in Tieflohnberufen?

Die Digitalisierung ist eine Tatsache. Ihr können wir nur durch eine gerechte Verteilung von Arbeit und erwirtschaftetem Kapital begegnen. Interessant sind historisch die Parallelen zur Industrialisierung, Automatisierung und ihren Folgen.

 

 

Voraussichtlich werden wir im nächsten Jahr über einen Vaterschaftsurlaub abstimmen. Noch diesen Herbst will die SP eine kantonale Volksinitiative für je 18 Wochen Elternzeit lancieren.

Der vom Nationalrat verabschiedete Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen ist ein Minischrittchen in die richtige Richtung. Ziel ist die Elternzeit.